Ein Sommertag am Untersee
Zwei Wochen Sommerurlaub im Glatzer Bergland liegen hinter mir. Meine Waden sind nun gut trainiert, also wage ich mich an die 20 Kilometer lange Runde um den Untersee.
Vor ein paar Wochen hatten wir unser Gesellschaftertreffen von Cosmocode am Untersee, doch damals blieb kaum Zeit für längere Wanderungen. Nur ein paar Spaziergänge durch Kyritz und Wusterhausen waren drin. Die große Seeumrundung hatte ich mir fest vorgenommen – heute ist es soweit.
Damit die Tour auch für Bahnreisende nachvollziehbar bleibt, starte ich offiziell am Bahnhof Wusterhausen/Dosse. Ich selbst komme mit dem Auto, was mir erlaubt, auf dem Hinweg noch einige Dörfer kennenzulernen. Schon bald aber zeigt sich, dass diese Tour wirklich empfehlenswert ist: großartig schattig, ideal an heißen Sommertagen, und fast überall mit Bademöglichkeiten – entweder an wilden Badestellen oder in den beiden Strandbädern. Dazu kommen Einkehrmöglichkeiten, mein Favorit ist das Hotel & Restaurant Untersee mit seiner guten Küche und dem Kuchen mit Baiserhaube, auf den ich auch heute hoffe.
Begegnungen am Weg
Kurz nach dem Start kommt mir eine Joggerin entgegen, in einem ziemlichen Tempo. Das ist ja eine amtliche Halbmarathon-Laufstrecke, denke ich mir, mal sehen wie sie aussieht, falls ich sie noch mal treffe. Eine Stunde später sehe ich sie wieder und rechne nach: 15 Kilometer in einer Stunde – abgefahren. Und das über Wurzelwege.
Ein weiterer Halbmarathon-Jogger kommt mir entgegen, nicht viel jünger als ich. Das ist ja demütigend!
Ein anderer Wanderer begegnet mir ebenfalls. Gut gelaunt, zieht er in die Gegenrichtung los. Seine Strategie: gar nicht erst in Versuchung geraten, am Untersee einzukehren. Er gibt mir noch Tipps für das Nordende des Sees mit, und als ich ihn auf der anderen Seite wiedertreffe, schwärmt er von dem Kanal zum Obersee, der beim richtigen Licht mit dem Kanu befahren sich fast in den Spreewald verwandle.
Radfahrer kämpfen mit dem Wurzelwerk, und zweimal darf ich Tipps geben - zu Restaurants und zur Befahrbarkeit des Weges.
Strandbäder und Kuchen
Zwei offizielle Strandbäder hat der Untersee, und beide möchte ich mir anschauen, nach Baden ist mir aber nicht zumute. Damit ich für die 5 Minuten Besuch nicht extra Eintritt zahlen muss, versuche ich es mit einer höflich und vorsichtig vorgetragenen Bitte, die wohl so kleinlaut rüberkommt, dass mich die Kassiererinnen mit einem Achgottchen-Blick wie einen Welpen anschauen und freundlich hereinbitten.
Besonders das Strandbad Wusterhausen hat seinen Charme der 1920er Jahre nicht verloren, allerdings war es noch still. Vielleicht gehen die Leute eher an die freien Badestellen.
Mein Kuchenmoment kam im Hotel Untersee. Rhabarber-Stachelbeer mit Baiser, köstlich. Leider durfte ich nicht auf die Terrasse – alles reserviert, hieß es, obwohl nur drei Plätze besetzt waren. Einwände wollte ich mir verkneifen, also blieb ich im vollen Gastraum. Kaffee und Kuchen waren trotzdem großartig, und als ich ging war wie erwartet die Terrasse weiterhin nicht weiter belegt.
Ein Besuch im Wegemuseum
Zurück in Wusterhausen besuche ich das Wegemuseum. Eine freundliche Mitarbeiterin nimmt mir den Eintritt passend ab und weist mich in den ersten Stock. Die Ausstellung ist modern, anschaulich und sehr gut präsentiert: sie behandelt Wasserstraßen, Fußwege, das Rad und den Ausbau fester Verkehrswege, eingebettet in die regionale Geschichte bis in die DDR- und Wendezeit. Wirklich zu empfehlen!
Wir kommen ins Gespräch, weil ich Fotos für das Havelland-Touren Portal machen möchte. Sie zeigt mir den hübschen Hinterhof, wo Kulturveranstaltungen stattfinden. Und dann erzählt sie mir von ihrem Vater, der hier ein Fotograf war, mit vielen Angestellten. Große Hochzeiten mit 300 Gästen, die für Gruppenfotos auf Bühnen zu positionieren keine kleine Aufgabe war, insbesondere wenn der eine oder andere schon fröhlich angezwitschert ist. Dazu die ganzen Abzüge im eigenen Labor – das war sein Alltag. Mit der Wende kam der Einbruch. Von einem Tag auf den anderen verlor er die Aufträge, weil plötzlich jeder eine eigene, leicht bedienbare Kamera hatte. Der Sohn versuchte noch, das Geschäft zu retten, doch es gelang nicht.
Trotzdem, sagt sie, sei das fotografische Auge in der Familie geblieben. Alle in ihrer Verwandtschaft hätten diesen Blick geerbt, ihre Schwester sei eine versierte Fotografin. Ich lasse mir noch den Namen der Schwester geben und freue mich sehr über das Gespräch.
Offene Ohren
Es sind solche Begegnungen, die einen Tag besonders machen. Kleine Gespräche am Wegesrand, ein spontanes Erzählen, ein kurzer Einblick in ein fremdes Leben. Man muss nur bereit sein zuzuhören.